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Channel: Nerdtalk – Der Filmpodcast
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Geständnisse eines Kinogängers: Ich bin ein Abspannsitzenbleiber

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Das Finale liegt gerade Minuten zurück, die gesamten Figuren liegen sich meist lachend, selten weinend in den Armen.
Der Score leitet spürbar zum Ende des Films, passend zum Taktschlag: Schwarzblende – Abspann.
Es wird unruhig im Kinosaal. Und ich bleibe still sitzen. Denn ich bin ein Abspannsitzenbleiber.

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 18. März 2017. Er ist aber heute immer noch gültig, wurde deswegen leicht überarbeitet und neu veröffentlicht.

Ich besuche häufig das Kino. Es gibt sicherlich einige, die häufiger im Kino waren, aber mit 173 gesehenen Filmen im Jahr 2018, davon 103 im Kino, habe ich meinen Teil zur Kinowirtschaft auf jeden Fall beigetragen. Viele meinen, dass man abstumpft, den Film zum Zweck betrachtet. Doch jeder Film entführt in eine eigene Welt, die er mühsam aufbaut, und jedes Mal lasse ich mich auch nur zu gern entführen. Manchmal ist die gezeigte Welt sehr real, manchmal märchenhaft fern.
Für mich ist Film kein Mittel zum Zweck.

Für viele Kinobesucher aber offensichtlich schon.
Kaum ist die Geschichte zu Ende erzählt, wird das Saalpublikum unruhig. Sucht nach Jacken, startet die Taschenlampe-App auf dem Smartphone. Vorn werden in kunstvollen Bildern mit passendem Soundtrack die Schauspieler eingeblendet. Irgendwann ist die erste Phase des Abspanns beendet, es kommt zu den Closing Credits. Das Kinolicht geht sanft an. Es ist der Startschuss für die Verbleibenden, die der Dunkelheit des Saales bisher nicht trauten: Es wird geredet, es wird aufgestanden, sich umfangreich im Stehen angezogen, noch mehr Taschenlampen-Apps strahlen mit dem Projektor um die Wette.
Vorn auf der Leinwand klingt der Soundtrack, laufen Hunderte Namen durch. Kaum jemand schaut noch hin.
Doch, ich.

Der Tagtraum namens Abspann

Ich mag Abspänne. Gar nicht zwingend aus Neugierde, wer der Best Boy ist. Und zugegeben auch nicht, um den Hunderten oder gar Tausenden trotz Einblendung der Namen anonymen Leute eine Anerkennung zukommen zu lassen.
Ein Film ist für mich eine Klammer der anderen Realität: Sie öffnet sich mit dem ersten Ton des Films und schließt sich mit seinem letzten. Die Klammer umfasst auch den Abspann. Der Abspann ist ein akustischer Rückblick auf den gesamten Film, viele Szenen wirken erst, wenn man die Zeit bekommt, sie wirken zu lassen. Unterlegt mit dem filmeigenen Soundtrack entfalten diese Szenen eine noch stärkere Wirkung.
Der Abspann entlässt einen sanft zurück in die reale Realität. Der Kopf muss sich nicht mehr auf die Geschichte konzentrieren, die Augen nicht mehr die große Leinwand erfassen. Es sind wenige Minuten, die noch im Film, aber gar nicht mehr der Film sind. Es ist eine Phase der Zwischenwelten, des Wachwerdens aus dem Filmtraum. Ich genieße diese Minuten und werde wach, lasse die Filmrealität ziehen und bereite mich auf die reale Realität vor.

Es sind also diejenigen, die mir Zweckkonsum des Films vorwerfen, die selbst nur des Hauptfilms wegen im Kino sind. Die, die mit der letzten Schwarzblende ihren Filmtraum abrupt beenden und sofort die Realität in ihr Leben lassen: Wie spät ist es, wie lange läuft das Parkticket noch, wann fährt der Zug, was muss ich heute noch einkaufen?

Ich lade euch ein, den Filmtraum zuzulassen. Und das sanfte Aufwachen.
Ihr werdet überrascht sein.


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